Mittwoch, 3. September 2025

Noch mal PL82?

In diesem Eintrag gehe ich in der Zeit an den Punkt zurück, an dem ich mich im Rahmen meines Musikhobbys erstmalig mit dem Thema Röhre beschäftigt habe. 
Mit einem damaligen Arbeitskollegen hatte ich mich viel über Musik ausgetauscht. Es blieb dann nicht aus, sich auch mit technischen Fragen zu beschäftigen. Als Gitarrist in einer Band interessierte er sich naheliegend für Gitarrenverstärker mit Röhren. Ich selbst hatte bisher eher Lautsprecher gebaut (z.B. Fostex FR 103 Sigma im Exponentialhorn) und das Interesse an Breitbandlautsprechern wuchs. 
Unsere ersten Gehversuche machten wir mit einem kleinen 6V6 Verstärker nach Schaltungsentwurf Reiner zur Linde „Audio- und Gitarrenschaltungen“. Letztlich haben wir diesen kleinen Amp dann auch in Betrieb nehmen können, auch wenn aufgrund der nicht ganz fachgerechten Umsetzung das Ergebnis mittelprächtig war. Die Teile hatten wir damals noch schön auf Basis eines gedruckten Papierkataloges und Bestellschein bei Welter gekauft. Im Anschluss dann eine Variante des AC10 versucht, was jedoch nicht klappte und wir die Gedanken zum Gitarrenverstärker nicht weiter verfolgten.

Bisheriger Aufbau
Mich hatte das Thema Breitbänder mit Röhren gepackt und ich bin am Ball geblieben. Immer mehr gelesen und eingearbeitet. Immer wieder kleine Verstärker gebaut, dazu gelernt, wie das so läuft.

Mein erster Verstärker, mit dem ich vollauf zufrieden war, entstand nach Schaltungsentwurf GW/RG mit der PC86/PL82. Die letzte Ausbaustufe habe ich heute noch unverändert im Einsatz und auch wenn ich zwischenzeitlich anderes gebaut und getestet habe, bin ich mit diesem Verstärker immer noch glücklich.

Nun spukt immer wieder im Kopf herum, die Ausführungen von Segschneider im Audionisten aufzugreifen, und die weiterentwickelte Version dieses Verstärkers zu nutzen.

Bisher habe ich das nicht weiter verfolgt, weil ich meine PL82 einfach nicht verändern möchte. 
Die Änderungen betreffen nicht nur das Schaltungsdesign, sondern die komplette Stromversorgung.
Für mich war es damals einfacher (auch wenn man das anhand der vielen verlöteten Bauteile kaum glauben kann), die Röhren mit geregeltem Gleichstrom und die Betriebsspannung mit Regelung auf Basis MOSFET zu realisieren. Es lassen sich so relativ einfach und genau die gewünschten Strom- und Spannungswerte einstellen. Nebenbei bemerkt bin ich immer wieder erstaunt, dass die ganze Technik bis heute völlig fehlerfrei läuft. Ich klopfe mal auf Holz... Allerdings geistert mir immer wieder der gut gemeinte Hinweis des Entwicklers im Kopf, das Wechselstromheizung und RC-Siebung die eindeutig musikalischere Lösung darstellt.

Erste Version



Um meine PL82 nicht anzufassen, habe ich mich nun doch dazu entschlossen, die ganze Sache noch mal in Angriff zu nehmen. Zurückliegende Versuche sind aufgrund verschiedener Herausforderungen im Grundausbau stecken geblieben und weil mich das Ergebnis nicht wirklich überzeugte, wieder zurück gebaut worden. 

Im ersten Schritt habe ich die Originalschaltung aus dem Buch Höchst Empfindlich noch einmal 1:1 aufgebaut. Für die Heizung habe ich zwei kleine 20V Trafos verwendet, die aus einer Idee zur Linestufe mit der C3m stammen. Ich komme bei 300 mA auf jeweils 20,2V Trafospannung, was prima passt. Weil die Mittelanzapfung direkt auf Gerätemasse liegt, sind auch keine extra Widerstände nötig. Bei der Betriebsspannung habe ich die von Michael ausführlich beschriebene Stromversorgung übernommen, allerdings dann natürlich die Reihenwiderstände auf die 240V/205V angepasst. Das brutzelt ordentlich was weg, um auf die 205V zu kommen, 5W Typen erforderlich. Wollte ich so, weil das Netzteil noch andere Aufgaben bekommt. 

Etwas schwierig stellte sich die Beschaffung eines geeigneten Trafos dar. Ich wollte keinen extra beschaffen, da am Ende nicht klar ist, ob ich diesen weiterhin benötige. Ein Trafo von Jan Wüsten mit 2 x 230V hatte einfach zu viel Leistung und dementsprechend zu hohe reale Sekundärspannung. 
Ich habe mir dann einen kleinen 30VA Ringkerntrafo von Tube Town aus dem Regal genommen. Nominell 200V bei 0,085A. Nun belaste ich diesen mit ca. 50mA und wenn ich anstelle der 230V Primärwicklung den 220V Abgriff verwende, komme ich nach Siebung auf 280V am Ladeelko. Für den zweiten Kanal musste ich dann doch noch einen Trafo ordern und auch noch einen Ringtausch vornehmen. Die jetzt bei Tube Town verfügbaren Trafos haben primär nicht mehr die 220/230/240V, sondern 110/230/240. Gut, dass ein Trafo alter Bauart noch in meinem Webradio werkelt. Diesen durch den neuen getauscht und somit für den Endverstärker zwei identische Trafos erhalten. Durch diesen Umstand wurde der Verstärker kanalgetrennt aufgebaut, könnte also problemlos in zwei Gehäuse wandern. 
Die ganze Schaltung habe ich in gewohnter Weise auf einem Sperrholzbrett mit Rahmen aufgebaut, um bequem Veränderungen durchführen zu können. Der gestapelte Aufbau war die Folge mangelnden Platzes und meiner Bequemlichkeit, die vier Trafos noch mal neu anzuordnen.

Die Inbetriebnahme verlief recht reibungslos. Zuerst einen Igel an belastbaren Widerständen an die einzelnen Stromversorgungszweige und mit Anpassung der Widerstände die Toleranzen der Trafos auf identische Spannungswerte abgeglichen. Erst dann die Schaltung an die Stromversorgung angeschlossen und in Betrieb genommen. Mit etwas Nacharbeit alles im Sollbereich. Nachdem ich mir 5 min auf die Schulter geklopft hatte und zufrieden feststellte, dass sich weder Brumm noch Rauschen zeigte, die ersten Musikstücke gehört. 

Die beiden Verstärker zeigen sich klanglich unterschiedlich, was ich vordergründig auf die eingesetzten Übertrager zurück führe. Die ursprüngliche Endstufe hat die 3,5k M65 AÜ von Reinhöfer, welche auf Schnittbandkern umgebaut sind. Die neue hat die AÜ mit M74 Kern. Ich hätte auch noch die Ausführung mit M85 Kern, welche hier aber nicht sinnvoll ist. 

Zweiter Aufbau:

Nachdem der Verstärker eine Weile in Betrieb war, habe ich sozusagen die 2. Stufe „gezündet“.
Die Schaltung auf das PL82 Konzept aus dem Audionisten umgestrickt und in der Siebung die Widerstände getauscht. Das ging dann vergleichsweise zügig, 

Danach erfolgte die erneute Inbetriebnahme und erst einmal ausgiebig Musik gehört, ohne Vergleiche anzustellen. Ich habe mir abgewöhnt, Verstärker, die ich selbst gebaut habe, sofort nach klanglichen Kriterien zu bewerten. Zu stark überstrahlt erst einmal die Freude des Geleisteten. Erst nach längerer Spieldauer ergeben sich realistische Bilder und manches, was erst als für gut befunden wurde, hat dem nicht Stand gehalten. Was die Bauteilauswahl wie z.B. bestimmte Kondensatoren / Röhren betrifft, das  hat für mich erst einmal keine Priorität. Später an diesen Stellen noch Änderungen durchzuführen geht immer. Es muss erst einmal die grundlegende Funktion einwandfrei gegeben sein und zufriedenstellen, bevor ich darüber nachdenke. 

So halte ich es auch jetzt.

Wie es weiter geht, muss ich sehen. Sicher ist, es wird nur ein Verstärker bleiben, ich möchte kein weiteres Gerät haben, was nicht genutzt wird. Es ist auch noch zu früh mir darüber konkrete Gedanken zu machen, ob ggf. auch noch mal das Gehäuse wechselt. Grundlegend würde ich das jetzige gerne weiter nutzen. Bei kanalgetrenntem Aufbau ist auch denkbar, zwei dieser Gehäuse zu verwenden, wie ich sie z.B. für den Vorverstärker im Einsatz habe. Die hätte ich noch da und wüsste aktuell auch nicht, wofür ich sie ansonsten verwenden könnte.

zweite Version

Eine Sache gibt es noch zu erwähnen. Die überarbeitete Version der PL82 setzt als Bedingung für eine erfolgreiche Umsetzung einen AÜ mit 7k voraus. Diesen AÜ hätte ich auch gerne, habe auch eine Bestellanfrage bei Reinhöfer laufen. Ich weiß allerdings nicht, ob daraus was wird und offen gestanden habe ich auch keine Idee einer alternativen Bezugsquelle eines AÜ mit den entsprechenden Werten in der geforderten Qualität. Dank Unterstützung des Entwicklers läuft meine Endstufe auch mit den 3,5k. Ich halte dies allerdings für einen Kompromiss, eine Übergangslösung.